Empfehlungswidget SiegelEmpfehlungswidget Siegel ohne Beschriftung
Empfehlungswidget SternEmpfehlungswidget SternEmpfehlungswidget SternEmpfehlungswidget SternEmpfehlungswidget Stern leer
SUPER

Fritz Neuser – Story

Bis heute einmalig: 337 Siege und 12 Meistertitel im Radsport

52 Siege im Automobil-Sport

Fritz Neuser war auf zwei und vier Rädern erfolgreich.

Größte Enttäuschung: Olympia-Medaille wäre 1956 in Melbourne „so gut wie sicher gewesen“

Herpersdorf. Mit 337 Siegen auf Bahn und Straße und zwölf Deutschen Meistertiteln ist Fritz Neuser bis heute der erfolgreichste Radsportler des RC Herpersdorf! „Einen vielseitigeren Fahrer als den Fritz habe ich in den 1950er-Jahren im Rennsport der Radamateure nicht kennengelernt“, urteilt noch heute der einstige Tour de France-Vierte und zweifache Tour de Suisse-Sieger Hennes Junkermann, der sofort ins Schwärmen gerät, wenn er aus gemeinsamen Rennen mit dem Herpersdorfer Altmeister erzählt. Sehr erfolgreich war Fritz Neuser nach seiner außergewöhnlichen Radsportkarriere auch auf Anhieb im Automobil-Sport: Bei Berg- und Rundstreckenrennen erkämpfte er im In- und Ausland bei 67 Starts 52 Siege!

 

Größter Traum des 15-Jährigen 1947: Ein eigenes Fahrrad

Und zu erzählen gibt es viel, über die zehn Rennjahre, die Fritz Neuser von 1948 bis 1957 als Jugendfahrer und Amateur erfolgreich im Sattel saß. „Dabei war es eigentlich mehr ein Zufall, der mich zum Radsport brachte“, erinnert sich Fritz Neuser an das Jahr 1947: „Mit 15 Jahren hatte ich zwei Jahre nach dem Krieg einen ganz großen Traum: Ich wollte ein Fahrrad besitzen.“  Für seine Mutter, die von einer minimalen Rente lebte und hart dazu verdienen musste, war es völlig unmöglich ihm diesen Traum zu erfüllen. „Wir waren ja damals nachdem mein Vater 1944 im Krieg gefallen ist und unsere Wohnung in Nürnberg total ausgebombt wurde, heilfroh, dass wir in unserem Gartenhaus in Wolkersdorf ein Dach über den Kopf hatten“, schildert Neuser die harten Jahre seiner Kindheit. Doch der Traum vom eigenen Fahrrad ließ ihn nicht mehr los, vor allem wenn er seinen Freund und Nachbarn Hans Angerer – damals Jugendfahrer beim  RC Herpersdorf – auf einer flotten Rennmaschine fahren sah. Dabei kam Fritz, der inzwischen eine Lehre als Radiotechniker begonnen hatte, die rettende Idee: „Ich meldete mich einfach auch beim RC Herpersdorf als Jugendfahrer an und prompt bekam ich bald darauf einen alten Fahrradrahmen des Vereins geliehen. Das weitere Zubehör „schnorrte“ sich Fritz Neuser sehr schnell bei den vielen Rennfahrern des Vereins zusammen. Sein größter Traum hatte sich erfüllt, er war rundum glücklich!

Weniger glücklich war man danach beim RC Herpersdorf, denn der pfiffige Lehrling hatte einen wichtigen Punkt völlig übersehen: Zweimal pro Woche war beim RC Herpersdorf hartes Training angesagt, eine absolute Pflicht für alle Fahrer, die Vereinsmaterial besaßen – doch Fritz Neuser ließ sich dort nie blicken!  Als daraufhin ein „Blauer Brief“ des Vereins eintraf mit dem man ihn aufforderte, unverzüglich den Rahmen zurückzugeben, oder sofort und regelmäßig am Training teilzunehmen, war Fritz Neuser zunächst geschockt: „Da brach eine Welt für mich zusammen, denn das Rennrad zurückzugeben kam für mich überhaupt nicht in Frage, also kam ich nun doch zum Training“. Die ersten Ausfahrten absolvierte der knapp Sechzehnjährige zwar recht lustlos, doch nach nach zwei, drei Wochen hatte er plötzlich Spaß daran, sich mit gleichaltrigen und auch älteren Rennfahrern zu messen. Bereits dabei zeigte sich sehr schnell das einmalig große Talent des jungen Burschen: Fast mühelos hielt er auch an den Steigungen mit und bei kleinen Zwischensprints mussten sich selbst ältere Cracks schon mächtig ins Zeug legen um den kessen Neuling zu bezwingen. Nun erst kam bei Fritz Neuser die echte Begeisterung für den Radsport hinzu und sein Ehrgeiz, stets ganz vorne mitzufahren, wurde immer größer.

 

Sturz beim ersten Rennen – Tassen als Preis für Rang Neun

Beim RC Herpersdorf bemerkte man dies mit viel Freude und im Mai 1948 fuhr Fritz Neuser als Jugendfahrer in Bamberg sein erstes Rennen.  „Ich wollte natürlich das Rennen gewinnen und fuhr gleich nach dem Start los wie ein Verückter“, erinnert sich der Altmeister heute lachend. Doch statt eines Sieges gab es für den entfesselten Neuling, der ohne Taktik und Technik viel zu riskant durch die Kurven fegte, zunächst mehrere blaue Flecken bei seinem ersten Sturz! Fritz biss die Zähne zusammen, stieg sofort wieder auf sein Rad, raste wie wild hinterher und holte tatsächlich das Feld wieder ein! An diesem Tag hatte Herpersdorfs unvergessener Mäzen und Förderer Andreas Egerer sofort erkannt, welch außergewöhnliches Talent dieser Junge für den Radsport hatte. Trotz seines Sturzes belegte Fritz Neuser bei seinem ersten Rennen noch Platz neun und war restlos begeistert. Begeistert vor allem auch deshalb, weil es ja für die ersten Zehn des Rennens Preise gab! Zwar keine Geld-Prämien wie heute üblich, doch immerhin für die damalige Zeit ganz ansehnliche Sach-Preise, die sich die Veranstalter in den kargen Nachkriegsjahren bei Mäzenen und Firmen zusammenbettelten. Stolz brachte Fritz Neuser seiner Mutter zwei Sammeltassen nach Hause, die er mit seinem neunten Platz gewonnen hatte! Nun war nicht nur er, sondern auch seine Mutter vom Radsport begeistert. „Noch immer fehlte es bei uns an Vielem und entsprechend „zusammengewürfelt“ war auch die Ausstattung unserer Küche. Da waren die zwei Sammeltassen nun echte Prachtstücke!“ Doch die beiden Sammeltassen sollten nur der Anfang sein, denn nun hatte Fritz neben seinen großen Ehrgeiz Rennen zu gewinnen auch den klaren Auftrag seiner Mutter: „Bring wieder was Brauchbares mit nach Hause Junge und streng Dich ordentlich an!“. Ehrensache, dass sich der Youngster nun noch mehr steigerte und neben guten Platzierungen auch bei den Prämien-Spurts wacker kämpfte und immer häufiger gewann…nun war Fitz Neuser richtig motiviert!

 

A-Jugendfahrer Neuser zweimal DM-Vierter auf Bahn und Straße

Sportleiter Andreas Egerer, der den stürmischen Neuling von nun an gezielt unter seine Fittiche nahm, koordinierte sein Trainings- und Rennprogramm und bereits im folgenden Jahr fuhr Fritz Neuser als A-Jugendfahrer in die deutsche Spitzenklasse! Bei der Bahn-DM 1949 in Aachen wurde er auf Anhieb Vierter der deutschen Sprintermeisterschaft, die sein Vereinskamerad Hans Schwab gewann und auch bei der Meisterschaft im Straßenrennen die damals in Herpersdorf stattfand, verpasste er als Vierter nur ganz knapp einen begehrten Platz auf dem Treppchen! Längst hatte Fritz Neuser bereits als Jugendfahrer eine Erfolgsliste, die selbst Experten staunen ließ: In Bayern hatte er nur noch sehr wenige gleich starke Konkurrenten und auch bundesweit gehörte er zu den Besten!

 

Als Jung-Amateur mit 18 Jahren sofort zum ersten Deutschen Meistertitel!

Als „Junger Wilder Herpersdorfer“ – wie man ihn bald nannte – zeigte Fritz Neuser auch nach seinem Wechsel zu den Amateuren keinen Respekt vor den etablierten deutschen Spitzenfahrern. Während andere Fahrer zwei bis drei Jahre brauchten, um sich nach dem Wechsel von der Jugendklasse zu den Amateuren durchzusetzen, war Fritz Neuser auch hier ein absoluter „Senkrechtstarter“, der seinen beiden großen Vorbildern Karl Kittsteiner und Matthias Pfannenmüller verbissen nacheiferte: „Karl und Matthias waren ZU DIESER Zeit als Profis ganz große Klasse!“, schwärmt Neuser noch heute über seine beiden prominenten „Lehrmeister“, die beide ebenfalls aus dem RC Herpersdorf hervorgingen. Noch im Winter 1949/1950 wechselte Fritz Neuser als 17-jähriger vorzeitig zu den Amateuren und auf der Münchner Winterbahn heizte er zusammen mit Hans Roßmann den damaligen deutschen Spitzenamateuren gleich mächtig ein! Mit 18 Jahren eilte er danach in der Saison 1950 auch als Amateur sofort von Sieg zu Sieg und zusammen mit Gotthart Dinta, Günther Andrea und Hans Schwab holt er in neuer Rekordzeit von 4:50, 2 min. auf der Münchner Amorbahn seinen ersten deutschen Meistertitel im Bahn-Vierer über 4000 m. Wie außergewöhnlich damals die Leistung des Herpersdorfer Quartetts war, bewies auch die Tatsache, dass dieser neue deutsche Rekord erst sieben Jahre später eingestellt wurde! „Für Hans Schwab und mich, wir beide waren damals erst 18 Jahre alt, war diese tolle Rekordfahrt wie ein Traum. Wir konnten es fast selbst nicht glauben, einen solch großen Erfolg gleich im ersten Jahr als Amateur zu feiern!“, freute sich Fritz Neuser nach über 60 Jahren noch heute über seinen „Meister-Einstand“. Doch auch von großem Pech blieb Fritz Neuser im Rennjahr 1950 nicht verschont: „Bei einem Aschenbahnrennen in Amberg stürzte ich sehr schwer und es wurde zunächst eine Gehirnerschütterung behandelt. Wie sich jedoch kurz darauf herausstellte, war es ein Schädelbruch“. Doch nach nur sechs Wochen saß Fritz Neuser bereits wieder erfolgreich im Rennsattel!

 

1951: Das erfolgreichste Sportjahr des RC Herpersdorf

Das Jahr 1951 ging als absolut  „erfolgreichstes Sportjahr“ in die Analen des RC Herpersdorf ein: Fritz Neuser verteidigte mit dem Vierer des Vorjahres souverän den Bahn-Meistertitel über 4000 m, war jedoch auch bei der Mannschafts-DM auf der Straße über 100 Kilometer, die damals noch mit sechs Fahrern gefahren wurde, am Start. Und auch hier siegte das starke Team des RC Herpersdorf! Konrad Schwab, der damalige 1. Vorsitzender und Sportleiter Egerer waren völlig aus dem Häuschen, als außerdem auch die Jugendmannschaft des RCH den Straßen-Titel über 50 Kilometer klar gewann und Profi-As Georg Voggenreiter im gleichen Jahr noch die deutsche Sprintermeisterschaft für den RC Herpersdorf erkämpfte: Vier deutsche Meistertitel in einem Jahr für einen Verein, das hatte es im deutschen Radsport bis dahin noch nie gegeben! Herpersdorf, das damals als sehr kleiner Ort noch zum Landkreis Schwabach zählte, wurde als DIE Radsport-Hochburg Deutschlands gefeiert.  Bundespräsident Theodor Heuß verlieh dem RCH als ersten Rennsport betreibenden Verein das silberne Lorbeerblatt, die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik für außergewöhnliche sportliche Leistungen!

 

1952 stieg Neuser erstmals auf das Tandem...und wurde Meister!

Im Olympia-Jahr 1952 hatte sich der erst 20-jährige Fritz Neuser, der inzwischen auch als Nationalfahrer auf Bahn und Straße vielseitig eingesetzt wurde, bereits für die Olympiateilnahme in Helsinki qualifiziert! Doch er hatte sich zu früh gefreut: „Mir wurde wenige Wochen vor der Olympiade mitgeteilt, dass aufgrund der finanziellen Lage nur zwei deutsche Radsportler Fahrkarten nach Finnland bekommen, nämlich als Straßenfahrer der Schweinfurter Edy Ziegler und als Bahnsprinter der deutsche Meister Werner Potzenheim“. Die Enttäuschung war für Neuser riesengroß, zumal Ziegler und Potzenheim beide als Bronzemedaillen-Gewinner aus Helsinki zurückkehrten! Als dreifacher deutscher Meister ging Fritz Neuser danach im Jahr 1952 neue Wege. Besonders rasant und populär waren damals auf der Bahn die Tandem-Rennen, die auch zum olympischen Radsport-Programm zählten. „Diese extrem schnelle Art des Radsports reizte mich noch, da wollte ich gerne auch vorne mit dabei sein“, erinnert sich der vielseitige Allrounder. Sehr gut verstand sich Fritz Neuser damals mit dem versierten Münchner Bahnspezialisten Franz Knösselsdörfer, mit dem er auch auf der Münchner Winterbahn als Partner sehr erfolgreich Zweier-Mannschaftsrennen gefahren war. „Franz und ich waren zwar beide gut in Form, aber auf dem Tandem absolute Anfänger“, erinnert er sich noch gut an die ersten gemeinsamen Versuche. Bis ihm plötzlich ein genialer Trick einfiel: „Um gegen echte Tandemspezialisten, wie die Meister Trost-Westerhold aus Köln zu bestehen, durften wir uns nicht auf taktische Raffinessen und haarige Zweikämpfe auf den letzten Metern einlassen. Anstatt die 2000 m, wie bei Tandemrennen üblich, ganz langsam anzufahren, überrumpelten wir bei der DM unsere Gegner mit einem sofortigen Angriff. Da blieb ihnen gar nichts anders übrig, als fast die ganzen 2000 m hinter uns herzujagen!“  Und Neuser-Knösselsdörfer hatten die Power und die Reserven, diese Jagd durchzustehen und damit die verdutzten Titelverteidiger zu entthronen!  „Ein derart spektakuläres Tandem-Rennen hatten die rund 6000 begeisterten Zuschauer auf der Münchner Amorbahn bisher noch nicht erlebt“, schmunzelt Fritz Neuser beim Blick auf die Erinnerungsfotos von der damaligen Siegerehrung. Doch ein weiterer Meistertitel sollte auf der Münchner Piste für Fritz Neuser noch am gleichen Tag folgen: Der hochfavorisierte Bahnvierer des RC Herpersdorf, in dem nun Franz Bittner statt Günther Andrea mit Neuser, Schwab und Dinta fuhr, enttäuschte auch diesmal seine vielen Fans nicht:  Souverän fuhren die schnellen Franken ihre Bestzeiten und sicherten sich damit erneut den Meistertitel – für Fritz Neuser war es bereits Titel Nummer fünf!

 

Auch 1953 war Fritz Neuser Deutschlands erfolgreichster Rad-Amateur

Einer der Saison-Höhepunkte des Rennjahres 1953 waren die deutschen Bahnmeisterschaften auf der Radrennbahn in Köln-Müngersdorf. Auch hier wurden die „HEPERER“ – wie man die Asse des RC Herpersdorf damals nannte, erneut ihrer Favoritenrolle gerecht. Der Bahnvierer, in dem nun neben Neuser und Bittner Heinz Weltrowski und Georg Singer fuhren, marschierte unter der Regie des Kapitäns Fritz Neuser unaufhaltsam zum nächsten Meistertitel!  Als Titelverteidiger bewiesen außerdem Fritz Neuser und Franz Knösselsdörfer in Köln anschließend, dass sie inzwischen auch auf dem Tandem ihre Lektion gelernt hatten. Die beiden Bayern absolvierten in Topform alle Vor- und Zwischenläufe und holten sich zum zweiten Male den deutschen Tandem-Titel, vor den sichtlich enttäuschten Kölner Lokalmatadoren und Top-Favoriten Trost-Westerhold!

 

Pech bei der DM in Nürnberg 1954: Defekt kostete den Titel

Mit besonderer Spannung fieberte man beim RC Herpersdorf den deutschen Bahn-Meisterschaften 1954 entgegen, die in Nürnberg-Ziegelstein auf der ASN-Radrennbahn stattfanden. Als Topfavoriten und erfolgreiche Lokalmatadore wollten die Asse des RC Herpersdorf vor heimischem Publikum besonders groß auftrumpfen. Doch gerade auf ihrer Heimatpiste waren die Herpersdorfer Cracks extrem vom Pech verfolgt: Ausgerechnet in der Mannschaftsverfolgung über 4000 m, in der sie seit 1948 ohne Unterbrechung (!) sechsmal den deutschen Meistertitel gewannen, brachte ein Defekt an Neusers Rennmaschine den Herpersdorfer Vierer um seine Chance!  Die Enttäuschung war für die fränkischen Zuschauer ebenso groß, wie für das unglückliche Herpersdorfer Quartett. Fritz Neuser war untröstlich, und startete deshalb erstmals auch in der Einer-Verfolgung über 4000 m...und wurde auf Anhieb Deutscher Meister dieser harten Disziplin! Nur eine Stunde später ging Fritz Neuser mit seinem jungen Vereinskameraden Werner Löw als neuem Partner bei den Läufen zur Tandem-DM an den Start. Unter riesigem Beifall der rund 8000 Nürnberger Zuschauer – damals ein absoluter Rekordbesuch – holte sich das schnelle Herpersdorfer Duo Neuser-Löw auch diesen Meistertitel. Für Fritz Neuser war dies ein „kleines Jubiläum“ – es war sein 10. deutscher Meistertitel!

 

Von 7 WM-Qualifikations-Straßenrennen gewann Neuser 4 und musste zur Bahn-WM 1954

Wer nun jedoch glaubte, der zehnfache Meister würde sich auf seinen Lorbeeren ausruhen, der kannte Fritz Neuser schlecht: „Bei den Rad-Weltmeisterschaften in Deutschland möchte ich gerne bei der Straßen-WM der Amateure dabei sein“, lautete sein nächstes großes Ziel des Jahres 1954. Neuser, der alljährlich als Straßenfahrer mehrere der großen deutschen „Klassiker“ gewann, stand bei der deutschen Straßenmeisterschaft hinter Paul Maue und dem Fürther Karl Loy als Dritter auf dem Treppchen: „Eigentlich hätten wir Franken damals das Ding gewinnen müssen“, ärgert er sich noch immer, „Der Loys Karl hat sich taktisch jedoch austricksen lassen“. Ihre große Klasse zeigten Loy und Neuser nicht nur bei dieser DM. Beide dominierten bei vielen großen Rennen, die meist Neuser vor Loy gewann: „Ich war immer der bessere Sprinter von uns beiden“, erklärt dazu Fritz Neuser. Insider wissen es jedoch noch heute besser : „Der Fritz war nicht nur schneller, sondern auch viel cleverer und schlauer als die meisten seiner Gegner!“ In Herpersdorf freute man sich jedenfalls 1954 riesig, als Fritz Neuser von sieben Straßenrennen zur WM-Qualifikation vier souverän gewann! Für Fritz Neuser war damit klar, dass er im Nationaltrikot bei der Straßen-WM auf dem schweren „Klingenkurs“ in Solingen dabei sein würde. Doch leider kam es dann ganz anders. „Gegen meinen Willen wurde ich vom BDR plötzlich für die 4000 m-Einerverfolgung auf der Bahn für die WM nominiert, ja geradezu verpflichtet“, schimpft Neuser noch heute über diese Entscheidung des Dach-Verbandes. In Nürnberg war Neuser in dieser harten Bahndisziplin 1954 zwar überraschend Deutscher Meister geworden, doch als WM-Teilnehmer über 4000 m kam er auf der Bahn in Köln ohne spezielles Training und optimale Vorbereitung und vor allem nicht ausreichend motiviert unter den weltbesten 32 Spezialisten  „nur“ auf Rang neun! Was für ihn danach noch viel schlimmer war: Nur als Zuschauer konnte er anschließend „seine Straßen-WM“ in Solingen verfolgen: „Das tat schon sehr weh, denn 1954 war mein absolut bestes Jahr auf der Straße!“

 

Neusers schlimmster Sturz am 2.Weihnachtsfeiertag in Münster

Noch schlimmer als die WM-Enttäuschung war für Fritz Neuser der Jahresausklang 1954: „Mit dem Schweinfurter Günther Ziegler war ich als Mannschaft auf den Winterbahnen von Frankfurt und Dortmund im „7-Nationen-Rennen über 100 km“ erfolgreich. Am 2. Weihnachtsfeiertag folgte in dieser Serie noch das 3. Rennen in Münster, einer Bahn mit extrem steilen und engen Kurven. „Statt den dritten Sieg in Serie riss ein Reifenschaden Fritz Neuser in vollem Speed so brutal vom Rad, dass man anschließend eine Woche lang um sein Leben bangte: „Ich hatte mir einen Schädelbasisbruch zugezogen und lag sieben Tage im Koma“, erinnert sich Neuser an den schlimmsten Sturz seiner Karriere. Altmeister Karl Kittsteiner, Sportleiter Andreas Egerer und Neusers Mutter wachten tagelang an seinem Bett. „Das Koma hat ihn wohl gerettet“, erklärten damals die Ärzte, die danach nur staunen konnten, wie schnell sich der „eiserne Radsportler“ wieder erholte!

 

1955 für Fritz Neuser das Jahr der Stürze „am Keller“

Auch das Jahr 1955 bleibt dem Herpersdorfer Almeister als sein „Jahr der Stürze“ in schlechter Erinnerung: „Wir haben wie immer viel trainiert und auch sehr viele Rennen auf der Bahn am Reichelsdorfer Keller gefahren und immer wieder erwischte es mich, meist oben in einer der Kurven mit einem Reifenschaden. Da nützte die ganze Kunst nichts mehr, ich flog in hohen Bogen auf den harten Zement und meist auch noch auf meine rechte Seite, die schon schwer angeschlagen war“. Trotzdem fuhr Neuser 1955 – wenn auch mit vielen Unterbrechungen – noch immer eine sehr große Anzahl von Bahn- und Straßenrennen. Doch das Pech verfolgte Fritz Neuser weiter sehr hartnäckig. Bei den deutschen Bahnmeisterschaften 1955 – zweimal stürzte er einer Woche vor der DM bei der Vorbereitung – war Fritz Neuser noch immer ziemlich lädiert. Trotzdem konnte er zusammen mit seinem Partner Werner Löw den Deutschen Meistertitel auf dem Tandem verteidigen. Bei allen weiteren DM-Wettbewerben musste der sturz- und schmerzgeplagte Pechvogel schweren Herzens absagen.

Fritz Neuser war in der BRD Bester Allrounder auf Bahn und Straße in den Jahren 1953, 1954 und 1955.

 

Fritz Neusers „Schicksals-Jahr“ 1956

Zum absoluten Höhepunkt und zugleich zum „Schicksalsjahr“ seiner Karriere sollte die Saison 1956 werden. Fritz Neuser eilte wie gewohnt auf Bahn und Straße von Sieg zu Sieg und war Mitglied der Bahn- und der Straßen-Nationalmannschaft. In Köln gewann der Bahn-Vierer des RC Herpersdorf mit Fritz Neuser, Georg Singer, Werner Löw und Willi Renn ein weiteres Mal den begehrten Mannschafts-Meistertitel über 4000 m. Was dem inzwischen 24-jährigen Allrounder Fritz Neuser zur Krönung seiner einmaligen Karriere noch fehlte, war nun lediglich noch ein ganz großer internationaler Erfolg. Und den wollte sich der ehrgeizige Kämpfer bei den olympischen Spielen in Melbourne holen: „Eine olympische Medaille zu gewinnen, war damals für jeden Spitzenamateur der ganz große Traum, das zählte mehr als alle Meistertitel und Siege“, erinnert sich Neuser, der deshalb 1956 mit dem von ihm gewohnten eisernen Willen noch härter trainierte und sich einen neuen Tandem-Partner erkor: „Ich habe mich mit dem damaligen deutschen Sprintermeister Günther Ziegler aus Schweinfurt sehr gut verstanden und wir beschlossen für die Saison 1956  ein neues Tandem-Paar zu bilden. Die Generalprobe für Neuser-Ziegler sollten die deutschen Bahnmeisterschaften 1956 in Köln sein. Doch da kam es zu einer echten Überraschung. Neuser-Ziegler wurden in einem Vorlauf vom Kölner Tandem regelrecht umgefahren. „Natürlich waren wir nach dem Sturz angeschlagen, doch das Finale erreichten wir trotzdem“. Im Finale mit drei Tandems  trafen Neuser Ziegler erneut auf die Kölner und auf ein neues Tandem aus Herpersdorf: Werner Löw, der in beiden Vorjahren mit Neuser den DM-Titel gewann, hatte sich ebenfalls einen neuen Partner gesucht und ihn in seinem erst 19-jährigen Vereinskameraden Holger Hermann gefunden. Während der „offene Krieg“ zwischen dem Kölner Tandem und den Top-Favoriten Neuser-Ziegler in die zweite Runde ging, wurden die jungen Herpersdorfer Löw-Hermann plötzlich zum „lachenden Dritten“ und gewannen knapp den entscheidenden Finallauf vor Neuser-Ziegler! Beim RC Herpersdorf freute man sich zwar, das damit der Titel im Verein geblieben war, doch Fritz Neuser wurmte die Sache gewaltig: „In vier darauffolgenden DM-Revanchen auf vier verschiedenen Pisten  gewann ich mit Günther Ziegler jeweils klar vor Löw-Herrmann!“ Für den BUND DEUTSCHER RADFAHRER Grund genug, nicht die deutschen Meister Löw-Hermann sondern die Vize-Meister Fritz Neuser und Günther Ziegler für Melbourne zu nominieren, zumal Neuser-Ziegler nach der DM alle Spitzentandems aus Italien, der CSSR, Frankreich, der DDR, der Schweiz, Österreichs, Dänemarks  und Englands bei WM-Vorbereitungsrennen und Länderkämpfen schlagen konnten: Neuser-Ziegler waren damals wirklich in der Form ihres Lebens. Sie  beeindruckten  Englands Sprinter-Legende „Lord“ Reginald Harris ( 4-facher Weltmeister!) damals so gewaltig, dass er die beiden bayerischen Olympia-Kandidaten zur weiteren Olympiavorbereitung nach Manchester einlud, wo sie gemeinsam mit den weltbesten Bahnfahrern pro Woche vier internationale Rennen auf Bahn oder Straße bestreiten durften, die sie alle gewannen! „Das wurde uns dann selbst schon unheimlich“ schmunzelt Neuser beim Rückblick auf die hoffnungsvollen Wochen vor der Reise zu den Olympischen Spielen, die im Dezember in Melbourne stattfanden.

 

Schwerer Sturz kostete die olympische Medaille 1956

Doch die beiden schnellen Bayern, die als sichere Medaillenanwärter galten, hatten in Australien riesiges Pech. Nach einem unfairen Rempler durch das russische Tandem stürzten Neuser-Ziegler in vollem Speed sehr schwer. Statt der erhofften Medaillen brachten sie eine Menge tiefer Schürfwunden und schmerzhafter Prellungen mit nach Hause! „Das war für mich die brutalste und schwerste Enttäuschung in den zehn Jahren meiner Radsport-Karriere“, ist Fritz Neuser überzeugt. „Eines freut mich jedoch daran noch heute. Im Krankenhaus besuchten uns die Australischen Tandemfahrer John Browne und Anthony Marchand. Nach kurzen Fragen über unsere Verletzungen rückten die beiden damit raus, ob wir ihnen die Vorder- und Hinterräder bzw. Ersatzräder unseres Tandems leihen würden. Das war damals Material vom Allerfeinsten, wie man es in Australien damals kaum kannte. Günther und ich stimmten zu und die beiden wurden wenige Stunden später damit Olympia-Sieger vor der CSSR und den Top-Favoriten aus Italien!

 

Der Abschied fiel Fritz Neuser 1957 nicht leicht

Neuser fuhr danach zwar auch im Jahr 1957 noch immer sehr erfolgreich viele Rennen auf Bahn und Straße, doch zugleich machte sich der inzwischen 12-fache Deutsche Meister nun doch sehr ernsthafte Gedanken über seine weitere Zukunft: „Für Sportleiter Andreas Egerer war klar, dass ich unbedingt Profi werden sollte. Für die Sechstage-Rennen der Winter-Saison 1957/58 hatte er für mich sogar von allen deutschen Veranstaltern feste Zusagen mit einer für die damaligen Jahre sehr stattlichen Gage ausgehandelt.“ Doch trotzdem geriet Fritz Neuser damals ins Grübeln: „Die Sache war mir einfach zu unsicher. Allein schon das Sturzrisiko schien mir zu groß, wenn ich daran dachte, dass ich nach meinen bisherigen zwei Schädelbrüchen erneut schwer stürzen würde. Auch meine Mutter war von Profiplänen nicht sehr erbaut und mahnte mich: „Du kannst doch nicht ewig Rennen fahren. Du brauchst einen guten Beruf!“. Der gleichen Meinung war schließlich auch Fritz Neuser selbst, obwohl ihm seine Entscheidung, mit dem Radsport aufzuhören nicht leicht fiel: „Im Oktober 1957 fuhr ich in Dänemark meine letzten Rennen, von denen ich mehrere gewann!“ Fritz Neuser verabschiedete sich „ohne großen Zirkus“, wie er es nannte, eher heimlich still und leise, doch vor allem noch immer als großer Könner auf der Rennmaschine! Noch heute sind sich sämtliche ergrauten Radsportkenner darin einig: Fritz Neuser hätte damals als Profi sicher eine große Karriere gemacht. „Er war ja der geborene harte Allrounder, wie man ihn vor allem bei den Sechstage-Rennen brauchte“, urteilt auch sein einstiger Kampfgefährte Rudi Altig, der als Profi viele Sechstage-Rennen gewann und fügt hinzu: „Auch auf der Straße hätte der Fritz als Profi seinen Weg gemacht!“

 

Über Kessler-Kittsteiner fand Neuser zu vier Rädern

Andreas Egerer war zwar sehr enttäuscht, als Fritz Neuser ihm seinen Entschluss mitteilte, doch schließlich hatte auch er Verständnis für die Entscheidung seines erfolgreichsten Schützlings. Zusammen mit Karl Kittsteiner und Konrad Kessler, den beiden einstigen großen Assen des RC-Herpersdorf, sorgte Egerer dafür, dass Fritz Neuser  gut in seine „zweite Karriere“ starten konnte. „Kittsteiner-Kessler führten in Schwabach ein renommiertes Autohaus und gaben mir die Möglichkeit als Verkäufer bei ihnen zu arbeiten“.  Doch auch hier zeigte sich sehr schnell Fritz Neusers noch immer ungebrochener großer sportlicher Ehrgeiz: „Der Fritz war innerhalb weniger Wochen unser bester Verkäufer, er war wirklich sehr tüchtig und was er anpackte machte er mit ganzem Einsatz“, lobte Karl Kittsteiner einst seinen damaligen Verkäufer. „Zum Renner auf dem deutschen Automobilmarkt wurde in jenen Jahren der bisher kleinste PKW den die Firma Glass mit dem Namen GOGOMOBIL auf den Markt brachte“, erinnert sich Fritz Neuser lachend an seinen Einstieg in die Auto-Branche. Neuser verkaufte die kleinen Flitzer wie sonst keiner und bereits im folgenden Jahr holte er sich als Autoverkäufer einen weiteren inoffiziellen „Meistertitel“:  Er war damals mit Abstand Deutschlands erfolgreichster „GOGGO-Verkäufer!“

 

Vom GOGGO-Verkäufer zum großen FERRARISTI

Vom erfolgreichen Goggo-Verkäufer zum eigenen Auto-Geschäft, war es zwar noch immer ein sehr harter und steiniger Weg, doch Fritz Neuser schaffte auch ihn mit Bravour: Im Februar 1962 konnte er am Maxtor in Nürnberg sein erstes Autogeschäft eröffnen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass der einstige Rad-Crack ein ebenso großer Auto-Freak wurde. Nach dem Ende seiner einmaligen Radsportkarriere sattelte Fritz Neuser auf vier Räder um und war sofort auch im Automobil-Sport sehr erfolgreich: Bei Berg- und Rundstreckenrennen holte er sich im In- und Ausland auf Abarth 1000/1300-ALFA ROMEO GTA und Porsche 906 von 1965 bis -69 bei 68 Starts über 52 Siege! Ebenso erfolgreich entwickelte sich seine weitere Karriere als Autohändler. Als Vertragshändler von Alfa Romeo folgte der Umzug seiner Firma zum Röthensteig, wo Neuser sich noch größer und als Vertragshändler von Ferrari etablierte. Auch als Fachhändler der Nobelmarke zählte er bald zu den umsatzstärksten Ferrari-Händlern Deutschlands! Nach über 40 erfolgreichen Berufsjahren fand Fritz Neuser einen Käufer und Nachfolger für seinen Vorzeigebetrieb. Sein letztes ganz großes Hobby wurde danach seine „Scuderia-Auto-Neuser“, die er am Kleinreuther Weg eröffnete. Hier widmet sich Fritz Neuser bis heute liebevoll exklusiv ausgewählten Raritäten unter den Klassikern und Sammlerfahrzeugen. „Die tägliche Arbeit mit meinem Team und die Kontakte mit vielen Kunden erhalten mich jung“, sagt Fritz Neuser, der dem Radsport als Sponsor des RC Herpersdorf und der Radrennbahn am Reichelsdorfer Keller eng verbunden blieb.